Der Ablauf des Insolvenzverfahrens

Das Insolvenzverfahren vom Eröffnungsbeschluss bis zum Schlusstermin

Der Eröffnungsbeschluss

Ist ein Eröffnungsgrund gegeben und eine die Verfahrenskosten deckende Masse (alternativ die Stundung der Verfahrenskosten beantragt) vorhanden, erfolgt die Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens. Der Beschluss wir auf der Internetplattform http://www.insolvenzbekanntmachungen.de öffentlich bekannt gemacht und den dem Gericht bekannten Gläubigern zugestellt

Inhalt des Eröffnungsbeschlusses

Der Beschluss enthält neben dem Eröffnungstermin und der Bezeichnung des Schuldners die Benennung des Insolvenzverwalters. Gleichzeitig werden die Gläubiger aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist beim Insolvenzverwalter ihre Forderungen anzumelden und eventuell an Sachen oder Rechten des Schuldners bestehende Sicherungsrechte anzuzeigen. Gleichzeitig werden die Schuldner des insolventen Unternehmens aufgefordert, Zahlungen nur noch an den Insolvenzverwalter zu leisten.

Im Eröffnungsbeschluss bestimmt das Insolvenzgericht Termine für a) eine Gläubigerversammlung, in der auf der Grundlage eines Berichts des Insolvenzverwalters über den Fortgang des Insolvenzverfahrens beschlossen wird (den Berichtstermin); der Termin soll nicht über sechs Wochen und darf nicht über drei Monate hinaus angesetzt werden und b) eine Gläubigerversammlung, in der die angemeldeten Forderungen geprüft werden (den Prüfungstermin); der Zeitraum zwischen dem Ablauf der Anmeldefrist und dem Prüfungstermin soll mindestens eine Woche und höchstens zwei Monate betragen. Die Termine können verbunden werden.

Zusammenfassend:

  • Es wird ein Insolvenzverwalter bestimmt (i.d.R. der vorl. Insolvenzverwalter).
  • Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird allg. unter www.insolvenzhbekanntmachungen.de veröffentlicht.
  • Das Verfügungs-/Verwaltungsrecht über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen geht auf den Insolvenzverwalter über.
  • Die Insolvenzgläubiger werden aufgefordert, ihre Forderung bis zum Prüfungstermin zur Insolvenztabelle anzumelden.

Wirkung für die Insolvenzgläubiger

Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.

Die sog. Rückschlagsperre

Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam.

Das allg. Vollstreckungsverbot

Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.

Die Insolvenzgläubiger

Als Insolvenzgläubiger werden alle Gläubiger bezeichnet, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Dabei ist es unerheblich, ob der Anspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung bereits fällig ist.

Beispiel: Die Hausbank hat ein langfristiges Darlehen noch nicht fällig gestellt. Das Darlehen wird mit Eröffnung fällig und wird eine Insolvenzforderung. Das Finanzamt hat für die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Steuerlast noch nicht durch Bescheid festgesetzt. Auch diese Steuerforderungen für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind Insolvenzforderungen.

Forderungsanmeldung durch die Insolvenzgläubiger

Die Insolvenzgläubiger haben Ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden (§ 174 InsO). Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung (Delikt) des Schuldners zugrunde liegt.

Insolvenzgläubiger können der Höhe und dem Grund nach unberechtigte Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden. Einer großen Beweisführung bedarf es dabei nicht. Der Insolvenzverwalter oder auch andere Insolvenzgläubiger können einzelne Forderung bestreiten, müssen jedoch nicht.

Auch der Schuldner kann einzelne Forderungen bestreiten, wenn diese der Höhe oder dem Grund nach unberechtigt sind. Der Widerspruch durch den Schuldner allein hindert zwar nicht die Feststellung der Forderung und Berücksichtigung im weiteren Verfahren, jedoch erlangt der Insolvenzgläubiger keinen rechtskräftigen Titel (vollstreckbaren Tabellenauszug) über diesen Forderungen, sofern bislang noch kein Titel vorlag. Im Fall einer Versagung der Restschuldbefreiung oder der vorzeitigen Beendigung des Verfahrens muss die vom Schuldner bestrittene Forderung zunächst rechtlich festgestellt werden (Klage / Mahnverfahren etc.)

Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung

Hat ein Gläubiger eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zur Insolvenztabelle angemeldet, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner auf die Rechtsfolgen des § 302 InsO und auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinzuweisen. Erfolgt kein Widerspruch durch den Schuldner im Prüfungstermin (bzw. schriftlich im Fall eines schriftlichen Verfahrens), sind Forderungen, die aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung angemeldet wurden, von der Restschuldbefreiung ausgenommen (§ 302 InsO) und können nach Abschluss des Restschuldbefreiungsverfahren weiterhin geltend gemacht werden.

Regelmäßig werden bspw. Forderungen der Krankenkassen aus nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträgen für Arbeitnehmer (§ 266a StGb) als deliktische Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet.

Der Berichts-/Prüfungstermin

Im Berichts-/Prüfungstermin, der bei kleineren Insolvenzfahren i.d.R. zusammengelegt wird), kommen der Rechtspfleger, der Insolvenzverwalter und ganz selten auch mal einzelne Insolvenzgläubiger sowie der Schuldner zusammen.

Der Berichts-/Prüfungstermin dient wesentlich zur

  • Prüfung der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung (Schuldner, Insolvenzverwalter und Insolvenzgläubiger können einzelne Forderungen bestreiten)
  • Berichterstattung des Insolvenzverwalters über die wirtschaftliche Lage des Schuldners, mögliche Sanierungspläne / Planverfahren bzw. über die Freigabe (siehe dazu Kapitel über die Optionen im Insolvenzverfahren)

Der Berichts-/Prüfungstermin darf keinesfalls als Verhandlung verstanden werden, in dem über den Schuldner zu Gericht gesessen wird. Es werden routinemäßig die formalen Punkte abgehandelt. Oftmals binnen weniger Minuten. Der Berichts- und Prüfungstermin kann auch im schriftlichen Verfahren abgehalten werden.

In größeren Insolvenzverfahren kann die Gläubigerversammlung im Berichtstermin beschließen, ob das Unternehmen des Schuldners stillgelegt oder vorläufig fortgeführt werden soll. Sie kann den Verwalter zudem beauftragen, einen Insolvenzplan auszu-arbeiten, und ihm das Ziel des Plans vorgeben.

Will der Insolvenzverwalter bereits vor dem Berichtstermin das Unternehmen des Schuldners stilllegen oder veräußern, so hat er die Zustimmung des Gläubigerausschusses einzuholen, wenn ein solcher bestellt ist. Vor der Beschlussfassung des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, vor der Stilllegung oder Veräußerung des Unternehmens hat der Verwalter den Schuldner zu unterrichten. Das Insolvenzgericht untersagt auf Antrag des Schuldners und nach Anhörung des Verwalters die Stilllegung oder Veräußerung, wenn diese ohne eine erhebliche Verminderung der Insolvenzmasse bis zum Berichtstermin aufgeschoben werden kann.

Verwertung der Insolvenzmasse

Nach dem Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter unverzüglich das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwerten, soweit die Beschlüsse der Gläubigerversammlung nicht entgegenstehen.

Einstellung des Insolvenzverfahrens

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist eine vorzeitige Einstellung oder Aufhebung nur noch in folgenden Ausnahmefällen möglich:

Die Einstellung mangels Masse nach § 207 InsO: Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein. Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a InsO (nur bei natürlichen Personen) gestundet werden

Die Einstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrunds nach § 212 InsO: Das Insolvenzverfahren ist auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn gewährleistet ist, dass nach der Einstellung beim Schuldner weder Zahlungsunfähigkeit noch drohende Zahlungsunfähigkeit noch, soweit die Überschuldung Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist, Überschuldung vorliegt. Der Antrag ist nur zulässig, wenn das Fehlen der Eröffnungsgründe glaubhaft gemacht wird.

Die Einstellung mit Zustimmung der Gläubiger nach § 213 InsO: Das Insolvenzverfahren ist auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn er nach Ablauf der Anmeldefrist die Zustimmung aller Insolvenzgläubiger beibringt, die Forderungen angemeldet haben. Bei Gläubigern, deren Forderungen vom Schuldner oder vom Insolvenzverwalter bestritten werden, und bei absonderungsberechtigten Gläubigern entscheidet das Insolvenzgericht nach freiem Ermessen, inwieweit es einer Zustimmung dieser Gläubiger oder einer Sicherheitsleistung gegenüber ihnen bedarf.

Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Insolvenzplanverfahren nach § 258 InsO: Sobald die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.

Der Schlußtermin des Insolvenzverfahrens

Der Schlusstermin läutet das Ende des Insolvenzverfahrens ein und ist zugleich die abschließende „Gläubigerversammlung“ und dient der
  • Erörterung der Schlußrechnung des Insolvenzverwalters,
  • Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis und
  • Entscheidung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Gegenstände der Insolvenzmasse
Bis zum Schlusstermin können Insolvenzgläubiger auch Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO stellen.  Sobald die Schlußverteilung vollzogen ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
Das Insolvenzfahren und das Mandat des Insolvenzverwalters endet mit Rechtskraft des Aufhebungsbeschluss. Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das Vermögen geht wieder auf den Insolvenzschuldner über.

Überleitung in der sog. Wohlverhaltensphase

Natürliche Personen, die einen Antrag auf restschuldbefreiung gestellt haben, werden mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens in die sog. „Wohlverhaltensphase“ übergeleitet.